KW 51, ab 18. Dez.

18. Dezember, Montag, Nassau Harbour Club Marina

Vor der Abreise der Crew muss Klar-Schiff gemacht werden. Nach dem Frühstück kommen Putzeimer, Feudel, Schrubber und Wasserschlauch zum Einsatz. Jeder reinigt seinen Wohnbereich unter Deck, auf Deck ist aufgrund der heftigen Regenschauer in Hopetown kaum Salz und Schmutz und so sind wir bald fertig mit der Putzaktion. Frederike und Tom unternehmen noch einen letzten Spaziergang in die Stadt und kommen ein paar Minuten zu spät zurück zum Schiff, wo der Taxifahrer schon auf uns wartet. Die Fahrt zum Flughafen dauert fast eine Stunde, der Taxifahrer betätigt sich als Fremdenführer und gibt uns Erklärungen zu dem, was wir so links und rechts sehen. Es geht durch das Stadtzentrum, wo noch einige Zeugnisse der englischen Kolonialherrschaft zu bewundern sind. Kurz vor dem Flughafen fahren wir an einer nagelneuen gigantischen Hotelanlage vorbei, die vor ein paar Jahren von chinesischen Investoren errichtet wurde. Die Anlage erinnert mich an die Hotelklötze in Atlantic City, bombastisch und hässlich.

 

Der Flughafen ist sehr übersichtlich, es gibt nur zwei Hallen, eine für alle Abreisen und nationale Ankunft, eine zweite ist der internationalen Ankunft vorbehalten, hier sind Einreise und Zoll angesiedelt. Wir haben reichlich Zeit, Frederike und Tom investieren die letzten Dollars in Hamburger und Pommes, dann checken sie ein und ich habe zwei Stunden Wartezeit, bis meine neue Crew eintrifft. Sabine und Andreas kommen mit demselben Condor-Flieger, mit dem die anderen beiden abfliegen. Die Maschine landet pünktlich, vor dem Ankunftsgebäude herrscht großes Chaos, weil sich jede Menge Taxifahrer um Kunden balgen. Wir leisten uns eine große Limousine, in der wir klimatisiert in bequemen Ledersesseln zur Marine chauffiert werden. Wieder geht es durch die Innenstadt, in der es von Touristen nur so wimmelt. Im Hafen liegen gleich vier Kreuzfahrtschiffe, die zusammen mindestens 10.000 Passagiere an Land gesetzt haben. Dementsprechend finden sich in der Hauptstraße alle namhaften Juweliere, Modegeschäft und Sportausrüster. Um etwas Einheimisches zu finden, muss man in die Seitenstraßen gehen, in denen es „normal“ karibisch aussieht.

Am Schiff angekommen weise ich Sabine und Andreas ihre Kabine zu und erkläre ihnen die wichtigsten Funktionen der Bordinstallationen. Zu meinem Entsetzen muss ich feststellen, dass die Steuerbordtoilette verstopft ist, die Absaugpumpe fördert praktisch nichts mehr weg. Ich ärgere mich gewaltig, angeblich haben die beiden vorigen Bewohner doch alles sauber gemacht. Dass die Toilette nicht funktioniert, kann man doch nicht übersehen. Es kommt immer vor, dass etwas kaputt geht, aber einfach abzuhauen ohne etwas zu sagen, finde ich absolut inakzeptabel. Otto kommt eine Stunde nach uns an Bord, er ist mit den Linienbussen kreuz und quer durch Nassau gefahren und hat unterwegs gut gegessen. Wir anderen drei gehen über die Straße in den Supermarkt, um etwas zum Essen einzukaufen, die Vorräte sind nahe bei Null. Der Einfachheit halber koche ich Spaghetti Bolognese. Ziemlich früh am Abend schlägt bei den Neuankömmlingen der Jetlag zu und sie ziehen sich zur ersten Nacht an Bord von JABULO zurück.

19. Dezember, Dienstag, Nassau Harbour Club Marina

Für Otto gibt es das letzte Bordfrühstück, er freut sich sehr über die von der neuen Crew mitgebrachte selbstgemachte Salami vom eigenen Schwein der Klassens. Die Wurst wurde interessanterweise vom Zoll nicht beanstandet, die CO2 Reserve-Kartusche für meine Rettungsweste ist jedoch in Frankfurt geblieben. Ich rechne mit Otto die Bordkasse ab, seine Sachen hat er als Frühaufsteher schon gepackt. Pünktlich um 10:00 Uhr steht unser Taxifahrer am Schiff und Otto fährt zurück ins winterliche Fellbach. Otto, vielen Dank für Deine Unterstützung an Bord, insbesondere während der doch teilweise sehr harten Atlantiketappe.

Dann muss ich die verstopfte Toilette reparieren. Es ist eindeutig der Zerhacker, der nichts durchlässt, die Schläuche sind offen. Um an den Zerhacker zu kommen, muss ich die Toilette vollständig ausbauen, dazu müssen die Kabel abgeklemmt und alle Schläuche demontiert werden. Die ausgebaute, und übrigens doch nicht gereinigte Toilette, verfrachte ich aufs Achterdeck, wo ich den Zerhacker abbaue. Irgendeine nicht identifizierbare klebrige weiße Masse, verquirlt mit langen Haaren, sitzt als Pfropf in Pumpenrotor. Anschließend putze ich das ganze Bad noch einmal gründlich und baue alles wieder zusammen. Das waren drei Stunden völlig überflüssiger Arbeit. Es gehört einfach nichts außer den dafür vorgesehenen Abfällen in die Bordtoilette, das gilt auch für die handbetriebenen Varianten. Und wenn ich schon beim Arbeiten bin, geht es jetzt an die Wäsche, ich habe 4 Maschinen voller Handtücher und Bettzeug. Während die Maschinen laufen, schreibe ich ein paar Kapitel meines Blogs. Die fertige Wäsche wird dann gleichmäßig übers schiff verteilt zum Trocknen aufgehängt, JABULO ist wieder über alle Toppen geflaggt.

Bei einem Kontrollrundgang über das Schiff entdecke ich, dass die Winsch am Mast, mit der das Großfall betätigt wird, defekt ist; die Selbstholung klappert lose herum. Das wird so nicht lange gut gehen, deshalb tausche ich die Winsch komplett gegen die Spinnakerwinsch von Steuerbord achtern, die nicht benutzt wird. In meinem Ersatzteillager finde ich ein Reservestück der zerbrochenen Plastikscheibe, soweit so gut. Aber eine metallene Anlaufscheibe in der Winsch zeigt erhebliche Verschleißerscheinungen, deshalb warte ich mit dem Zusammenbau, evtl. bekomme ich so ein Teil hier irgendwo. Während die Wäsche langsam trocknet, unternehmen Sabine und Andreas einen Spaziergang ins Einkaufszentrum gegenüber und besorgen ein wenig Obst und Brot für heute Abend.

20. Dezember, Mittwoch, Nassau Harbour Club Marina

Um kurz nach sechs Uhr morgens vibriert mein Smartphone, die Bahama Telephone Company teilt mir per SMS mit, dass bereits dreiviertel meines Datenvolumens von 2 GB verbraucht sind. Wie kann das sein?? Das bisschen Threema Konversation und Runterladen des Wetterberichtes frisst doch kaum etwas. Ich schaue im Verlauf nach. Am 16. und 17. wird ein hoher Durchsatz angezeigt. Das können nur Frederike und Tom gewesen sein, die beide gleichzeitig mit ihren Smartphones, einträchtig nebeneinander sitzend, stundenlang mit dem Rest der Welt kommuniziert haben. Merke: Facebook und was weiß-ich-sonst-noch Netzwerke sind doch recht datenintensiv, insbesondere Videosequenzen .Ich würde z.B. niemals irgendwelche Filme über eine Datenkarte anschauen. Dass Ressourcen begrenzt sind, ist nicht unbedingt zu jedem vorgedrungen. Nun denn, morgen muss neues Datenvolumen gekauft werden.

Nach dem Frühstück kontrolliere ich bei beiden Motoren und Saildrives die Ölstände. Bei den Motoren ist kein Verbrauch festzustellen, der Backbord Drive fehlen 100 ml, auf Steuerbord sind es 200 ml. Steuerbord ist auch doppelt so lange gelaufen, aber eigentlich sollte ein Getriebe kein Öl verbrauchen. Da im Motorenraum selbst auf den Getrieben keine Öllache festzustellen ist, kann der Verlust nur an den Schraubenwellen stattfinden. Es sind zwar in Deltaville neue Dichtungen eingebaut worden, aber wahrscheinlich sind in den Wellen selbst Riefen eingelaufen. Ich werde zukünftig alle 50 Stunden Öl kontrollieren und evtl. nachfüllen.

Nachdem ich mit den Wartungsarbeiten fertig bin, vereinbare ich mit dem Fischer, der direkt neben unserem Schiff seine Beute bearbeitet, dass ich heute Nachmittag die vor ein paar Tagen bestellten Cong Muscheln abhole. Bis dahin ist noch Zeit und wir drei machen uns auf den Weg zu einer Werkstatt, bei der wir angeblich Ersatzteile für die Winsch bekommen können. Beim ersten Marineausrüster verweist man uns ein paar Meter weiter zu Alberts Marine, das ist eine kleine unscheinbare Bude, die so gar nicht aussieht wie etwa West Marine in den USA. Die Tür wird von innen geöffnet, vor dem Tresen ist gerade Platz für 2 Leute, ansonsten ist der Raum bis hoch zur Decke mit Regalen zugebaut, auf denen jede Menge Motoren, Motorenteile, Lichtmaschinen, Anlasser, Öldosen und alle möglichen Ersatzteile in einer für uns nicht erkennbaren Ordnung lagern. Hinter dem Tresen stehen zwei junge Frauen und ein kleiner Junge, der uns mit diesen typischen leuchtenden weißen Augen im schwarzen Gesicht anschaut. Eine der Frauen findet sehr schnell auf Ihrem Handy die richtige Seite mit den Ersatzteilen für unsere Winsch, leider ist nicht klar, wo man den eingelaufenen Lagerring bestellen kann, es ist kein Teil irgendeines Service Kits. Ich ziehe wieder von dannen und versuche selbst mehr raus zu bekommen. Anscheinend muss ich mich direkt an den Hersteller Andersen in Dänemark wenden.

Jetzt geht es los mit den Muscheln. Die Congs, wie die Einheimischen sie nennen, sind diese riesigen wunderschön aussehenden Schneckenmuscheln mit leuchtenden Farben. Wir haben 6 Stück bestellt, das sollte reichen. Der Fischer schlägt an einer bestimmten Stelle mit einem spitzen Zimmermannshammer ein kleines Loch in die Schale, mit einem Messer schneidet er dann dort den Haltefaden durch, der die Muschel mit der Schale verbindet. Jetzt lässt sich die Muschel ganz einfach herausziehen. Der Haltefaden ist eine glasklare Schnur von ungefähr 10 Zentimetern Länge, die wir direkt essen. Der Fischer schneidet dann den ganzen Verdauungsapparat sowie eine Art Schnabel und ein paar verhärtete Knorpelstücke ab. Übrig bleibt der essbare Teil der Muschel, schieres weißes, festes Muskelfleisch.

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Der Conch-Man, er bereitet uns die Muschel zu

Der Fischer präpariert die bestellten 6 Stück und packt noch 2 als Zugabe drauf. Jetzt habe ich eine große Schüssel voller Muschelfleisch.

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Die Conch-Muscheln vor der Zubereitung zum Salat

Sabine und Andreas habe ich schon losgeschickt, um Limonen zu kaufen. Bis sie wiederkommen, habe ich das Fleisch in kleine Würfel zerschnitten, ebenso eine große Zwiebel und 2 Tomaten. Ich presse 4 oder 5 große Limonen aus und schütte den Saft mit ein wenig Salz und Pfeffer über das Fleisch und rühre alles gut durch. Jetzt kommt das Ganze für mindestens eine Stunde in den Kühlschrank, der Zitronensaft muss einwirken. Kurz vor Sonnenuntergang ist es dann soweit, die Schüssel kommt auf den Tisch, dazu gibt es aufgebackenes Baguette. Andreas und Sabine schauen etwas skeptisch drein, rohes Muschelfleisch, einfach so??? Aber die Congs sind etwas ganz Anderes als die glibberigen Austern, deren Geschmack man gemeinhin mit rohen Muscheln verbindet. Nach den ersten zögerlichen Bissen langen schließlich alle gut zu, der Zitronensaft hat die meisten Fleischstücke „weich“ gekocht, manche Bissen sind sogar süß.

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Sabine und Andreas voller Vorfreude auf die „Spezialität“ der Bahamas

Während wir essen, legt die VAVA-U ab, fährt an die Tankstelle und verschwindet in Richtung Rose Island, am Vormittag hat die neue Crew den Großeinkauf erledigt, jetzt muss der Skipper ihnen auch was bieten für die teure Charter. Rose Island ist nur 18 Meilen entfernt, dort kann man gut ankern, das Riff bietet gute erste Schnorchel-Erlebnisse. Evtl. werden wir dort morgen auch hinfahren. Beim Ölnachfüllen habe ich festgestellt, dass die Matratzenbezüge der Achterkojen feucht und salzig sind, ich besorge noch eine Waschmarke und wasche sie einmal durch. Beim Wieder-Beziehen erhalte ich Threema-Nachrichten von Kathrin, ich rufe sie ein letztes Mal vor der Abreise an, sie ist mittlerweile in Zürich und hat schon per Internet eingecheckt. Beim Sonnenuntergang ist auf dem Nachbarpier wieder eine Art Party im Gange, laute Musik dringt zu uns rüber. Später am Abend ist Ruhe, auch der Wind hat sich gelegt und die fast waagerecht liegende Sichel des zunehmenden Mondes lässt sich für 2 Stunden blicken. Ab heute haben wir einen immer heller leuchtenden Mond als ständigen Begleiter.

21. Dezember, Donnerstag, Nassau Harbour Club Marina

Heute wird Kathrin, meine Frau, eintreffen. Sie fliegt über Miami und soll um ca. 18:30 in Nassau landen. Wir haben einen ganzen Tag Zeit, JABULO für die nächsten zwei Wochen auszurüsten. Bei der Marina-Rezeption frage ich nach einem „normalen“ Supermarkt, der Laden gegenüber ist eine Art Bio-Markt und unglaublich teuer. Die Rezeptionistin verweist mich an einen Value market, der sich in Gehdistanz befindet. Sabine und Andreas haben nach bestem Wissen und Gewissen über meiner 10-seitigen Einkaufsliste gebrütet und diverse Dinge angekreuzt, ich gehe hinterher drüber und füge aufgrund meiner Erfahrung noch manches hinzu. Wenn wir bisher pro Person ungefähr 50 $ pro Person und Woche (ohne Alkoholika) benötigt haben, dann sollte unser Einkauf heute für 4 Personen und 2 Wochen mindestens 300 $ betragen, eher 400 $. Das ist ganz schön viel Zeug, das wir unmöglich nach Hause schleppen können, wir werden uns für den Rücktransport ein Taxi nehmen müssen. Um die Mittagszeit ziehen wir los, im Supermarkt herrscht riesiges Gedränge, wir brauchen um die zwei Stunden, bis wir unsere Liste abgearbeitet haben. Die Klassens stehen immer wieder staunend vor den Regalen, die Preise sind für uns an ALDI-Niveau gewöhnte deutsche Verbraucher durchweg atemberaubend. Ich mache mir mittlerweile nichts mehr daraus, dass alles 2 bis 3 Mal so teuer ist wie bei uns, aber jeder Neuankömmling muss heftig schlucken, wenn ein Toastbrot mal eben 4,90 $ kostet.

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An der Kasse: Der Weihnachtsmann kann auch weiblich und schwarz sein

Irgendwann schieben wir unsere zwei bis oben gefüllten Einkaufswagen zur Kasse, wo die Waren von halbwüchsigen Jungs in weißem Hemd und schwarzer Stoffhose in unendlich viele Plastiktüten verpackt wird. Die Rechnung beläuft sich auf 430 $, also sollte es in etwa reichen. An den Kassen sitzen nur junge Frauen, fürs Einpacken sind die Jungs zuständig und dann laufen diverse erwachsene Männer herum, die irgendwie als Supervisor und Security tätig sind. Der Boy, der unsere Sachen eingepackt hat, versucht irgendjemanden zu finden, der uns ein Taxi ruft. Da meldet sich ein anderer Kunde an der Nebenkasse, der uns zurück zur Marina fahren will, Ob er Taxifahrer ist oder nicht, weiß ich nicht, ist mir auch egal. Für 15 Dollar hilft er uns beim Einladen, fährt uns zum Marinaeingang und hilft wieder beim Ausladen. Dem Einpack-Boy habe ich vorher noch schnell zwei Dollar zugesteckt. Die Rabattmarken für den Rieseneinkauf hänge ich mir wie eine Girlande um den Hals, um sie wie versprochen, der Rezeptionistin zu schenken. So sind alle glücklich und wir müssen nur noch die Sachen verstauen.

Inzwischen ist eine SMS eingetroffen, Kathrin ist in Miami gelandet, später kommt die nächste: Der Anschlussflug nach Nassau hebt gleich ab. Um acht Uhr bringt der Security-Mann der Marina Kathrin zu unserem Schiff. Ich habe ihm gleich am ersten Abend 20 $ zugesteckt, damit er ein Auge auf unsere Sachen hat, wenn wir nicht an Bord sind. Seitdem begrüßt er mich abends mit Handschlag und gibt uns nützliche Informationen zu Nassau. Kathrin bekommt einen Willkommensdrink zusammen mit der lokalen Nationalspeise, dem Conch-Salat, und hält dann noch ein wenig durch, bis der Jetlag sie ins Bett zwingt.

22. Dezember, Freitag, Nassau => Rose Island 6 nm

Ich will endlich raus aus der Marina, die letzten Vorbereitungen müssen erledigt werden. Wir brauchen Benzin für den Außenborder, die Gasflasche hat gestern den Geist aufgegeben und muss neubefüllt werden, meine SIM-Karte muss aufgeladen werden. Sabine bestellt noch Sekt für ihren Geburtstag, im Liquor Store kaufe ich noch eine Flasche Rum dazu. Andreas füllt den Wassertank nach und nachdem ich bezahlt habe, sind wir startklar. Kurz nach dem Mittag bugsieren wir JABULO aus der Box und fahren an die Tankstelle. Hier bunkern wir 50 Gallonen Diesel, die Zeiten des billigen US-Treibstoffs sind vorüber, hier kostet der Liter immerhin 92 €-Cent, fast so viel wie bei uns. Da ich das Ersatzteil für die Winsch hier nicht bekommen kann, baue ich sie wieder mit den vorhandenen Teilen zusammen, der verschlissene Ring ist kein Teil der Lagerung. Wir brauchen diese Winsch ohnehin nicht. Um 13:00 machen wir die Leinen los und fahren die 6 nm bis nach Rose Island, wo wir wenige hundert Meter vor einem kleinen Sandstrand ankern.

sdr
Der Skipper und seine Frau, Wiedersehen nach 3 Monaten

Dieser Kurztrip ist sozusagen die erste Übung für die neue Crew bei Hafenmanöver, Segeln mit Vorsegel und Anker setzen. Zum ersten Sonnenuntergang auf See kredenze ich einen Sekt-Mango-Cocktail als Sundowner. Andreas kocht uns Schnitzel mit Pellkartoffeln. Außer uns liegen noch 3 Yachten in der Nähe, die wie wir von der Strömung und dem wechselnden Wind an der Kette herumschwojen. Wind und Gezeitenstrom kommen teilweise aus entgegen gesetzten Richtungen, was zu einer kabbeligen See führt. Die Nacht ist etwas unruhig, aber so kann jeder sich an die Schiffsbewegungen gewöhnen und so der Seekrankheit vorbeugen.

23. Dezember, Samstag Rose Island => Normans Cay 39 nm

Es gibt ein frühes Frühstück mit den vorgestern eingekauften, aufgebackenen Brötchen, wenn man sie denn so nennen kann und natürlich dem unvermeidlichen Toastbrot.

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Frühstück an Bord

Um Punkt 08:00 zeige ich meiner neuen Crew, wie man den Anker lichtet und Andreas steuert uns von Rose Island an den Porgee Rocks vorbei hinaus auf die Exuma-See. Noch ist der Wind sehr schwach, ideal zum Üben des Segelsetzens. Wir lassen das erste Reff im Großsegel, die Genua wird natürlich voll ausgerollt. Ich setze den Kurs auf die  nördlichste der Exumas, Highborne Cay, den Kurs dahin können wir mit dem achterlichen Wind unter 120° jedoch nicht ganz anliegen. Die Route führt uns über die Yellow Bank, die an einigen Stellen Unterwasserfelsen aufweist, die aber laut Karte immer mindestens 6 Fuß Wassertiefe lassen. Der Wind weht beständig mit 6-10 Knoten, JABULO läuft konstant etwa 60% des scheinbaren Windes, wir machen immer zwischen 4 und 6 Knoten. Die neue Crew bekommt einen Segeltag serviert wie aus dem Bilderbuch mit warmem leichtem Wind, ohne Welle auf türkisfarbenem Wasser mit einzelnen dunkleren Feldern aus Bewuchs und Felsen.

Unser Ziel ist eine Ankerbucht auf der Westseite von Norman’s Cay. Kurz bevor wir den Platz erreichen, legt sich der Wind und wir steuern die Insel vorsichtig unter Maschine an. Am vorgesehenen Ankerplatz liegen bereits 3 Yachten, andere Skipper haben dieselben Segelführer gelesen. Der Platz ist idyllisch, das Wasser ist absolut klar, man kann die 3-4 Meter bis auf den Grund sehen.

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Sonnenuntergang

Die Sonne geht kurz nach dem Ankern unter, wir unternehmen keine Ausflüge mehr und es gibt ein frühes Abendessen. Zur Vorspeise bekommt jeder eine halbe Avocado, eine Frucht, die Sabine und Andreas nur dem Namen nach kannten. Mit Zitronensaft, Salz und Pfeffer ist man sie direkt aus der Schale. Als Hauptmahlzeit kocht Kathrin das mitgebrachte Rindfleisch als Geschnetzeltes mit Erdnusssauce und Reis. Um 21:00 sind wir alle müde und gehen schlafen, das Meer ist absolut glatt und lässt uns ruhig schlafen.

24. Dezember, Sonntag Normans Cay

Heute ist Weihnachten, uns begrüßt ein Morgen wie aus dem Bilderbuch, die Sonne scheint von einem wolkenlosen Himmel herab, JABULO liegt auf einer Glasplatte, man kann bis zum Grund hinunterschauen. Beim Reinspringen ins Wasser habe ich ein komisches Gefühl, da die Entfernung zur Wasseroberfläche irgendwie nicht stimmt.

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Still ruht die See, der Anker hält heute nur durch sein Gewicht

Alle tummeln sich erstmal im Wasser, dann gibt es Frühstück. Anschließend muss die neue Crew unter meiner Anleitung zum ersten Mal Klein-JABULO ins Wasser lassen, was ziemlich dauert. Die Hängevorrichtung mit dem ausfahrbaren Kran im Baum erscheint jedem auf den ersten Blick ziemlich kompliziert. Jeder der weiß, wie es geht, findet die Mimik später einfach genial. In einer halben Meile Entfernung stehen mehrere Gebäude, vor denen sich auch Menschen bewegen. Wir fahren mit dem Dinghi dorthin, es handelt sich um ein Restaurant mit ein paar Appartements, heute ist aber geschlossen. Wir dürfen dort auch nicht an Land gehen, das Gelände ist Privatbesitz, also verholen wir zwei- oder dreihundert Meter Norden und ziehen dort das Dinghi auf den Strand. Sicherheitshalber vertäuen wir es mit einer langen Leine an einer Kiefer. Dann machen wir uns zu Fuß auf den Weg zur Südspitze der Insel. Ein Weg führt vom Strand weg zu einer Schotterpiste, die direkt am Zaun des kleinen Flugplatzes entlangführt. Das eingezäunte Fluggelände endet wenige Meter vor der Südspitze der Insel.

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Schönwettersegeln wäre nicht schlecht, leider haben wir keinen Wind

Wir gehen am Strand entlang zurück zum Dinghi. In einem der Restaurantgebäude brennt Licht, es sieht aber alles sehr tot aus. Unterwegs sehen wir mehrmals irgendwelche Strand-Buggys auf der Schotterpiste, es leben also Menschen hier. Im Norden kann man von der Ozeanseite aus in eine Lagune einfahren, dort scheint es eine Ansiedlung zu geben. Wir sitzen gerade am Strand, da kommt ein Pärchen vorbeigewandert, der Mann begrüßt uns auf Deutsch. Es handelt sich um Kanadier, die in Hamburg gelebt haben. Wir stellen uns vor und sie geben uns wertvolle Informationen über die nächstgelegenen Inseln. Sie kommen jeden Winter hierher, ihr Schiff liegt im Sommer in Florida, und sie verbringen die kalte Jahreszeit auf den Bahmas. Ich habe bereits mehrere Kanadier getroffen, die so dem Winter im Norden entfliehen, so wie bei uns die Leute auf den Kanaren überwintern. Wir wünschen uns gegenseitig frohe Weihnachten und fahren zurück zu JABULO. Ein Beiboot einer der vor Anker liegenden Motoryachten kommt zu uns rüber, das amerikanische Ehepaar will uns frohe Weihnachten wünschen und schenkt uns eine Dose mit Keksen, eine nette Geste.

Wir haben hier eine Mobiltelefonverbindung, die gerade so ausreicht, um Mails mit nicht zu großen Anhängen zu empfangen und zu senden. Den ganzen Tag werden diverse Grüße und Nachrichten mit zu Hause ausgetauscht. Ich sende eine Mail mit typischen Bahamabildern (Skipper an Deck vor Strand, Wasser, Sonne) an den Vorstand von Multihull Deutschland. Die Antwort kommt prompt: Die Bilder sind reine Provokation, Du hast meinen uneingeschränkten Neid. Viele Grüße aus dem kalten Deutschland. Ein wenig Weihnachten muss auch auf den Bahamas sein, es gibt Kaffee mit Stollen und Keksen, immer wieder klingeln die Handys mit Weihnachtsgrüßen. Mit dem Sonnenuntergang ist es in Deutschland schon elf Uhr abends, die Kommunikation wird weniger. Sabine und Andreas kochen heute Abend Hackfleischbällchen mit rohen Bratkartoffeln, eine Zubereitungsvariante, die wir an Bord noch nicht hatten.

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